Samstag, 26. März 2016

Die Synode über die Familie in der Nachfolge des II. Vatikanischen Konzils

M. Rupnik Ikone der Heiligen Familie

In seinen einführenden Worten zu den Arbeiten der Synode über die Familie (5. 10.2015) wies Papst Franziskus darauf hin, dass die Synode eine Ausdrucksweise der Kirche ist, das heißt der Kirche, die gemeinsam auf dem Weg ist, um die Wirklichkeit mit den Augen des Glaubens und mit dem Herzen Gottes zu deuten. Die Synode ist die Kirche, die nachdenkt über ihre Treue zum Glaubensgut, das für sie kein Museum ist, das zu besichtigen und auch nicht nur zu bewahren ist, sondern eine lebendige Quelle, aus der die Kirche ihren Durst stillt, um den Durst des Lebensgutes zu stillen und es zu erleuchten.


Die Notwendigkeit einer dynamischen Treue…

Dieser Hinweis auf das Depositum fidei , das Glaubensgut, das der Kirche für das Leben anvertraut wurde – ein häufiges Thema in der Predigt von Papst Franziskus – lässt an die Ansprache von Papst Johannes XXIII. bei der Eröffnung des Vatikanischen Konzils (11. 10. 1962) denken: „Denn etwas anderes ist das Depositum Fidei oder die Wahrheiten, die in der zu verehrenden Lehre enthalten sind, und etwas anderes ist die Art und Weise, wie sie verkündet werden, freilich im gleichen Sinn und derselben Bedeutung“.

Dazu hat vor Jahren auch Benedikt XVI. erklärt, dass diese Unterscheidung zwischen dem, was im Glaubensgut substantiell ist, und dem, was veränderlich ist, die Grundlage ist für die Rechtmäßigkeit einer Erneuerung in der Kontinuität so wie es der Wille des Konzils war, gemäß den Worten von Papst Johannes XXIII.

Nun gut, aber die Unterscheidung zwischen dem, was substantiell ist und dem, was veränderbar ist, ist nicht immer leicht und erfordert längere Überlegung und größere Tiefe, wie auch mehr lebendige Erfahrung im Glauben.In diesem Sinne war das Programm, das Papst Johannes XXIII. vorgegeben hat, äußerst anspruchsvoll, wie auch die Verbindung von Treue und Dynamik anspruchsvoll ist. Aber überall dort, wo die Rezeption des Konzils sich an dieser Auslegung orientiert hat, ist neues Leben gewachsen und sind neue Früchte herangereift“. (Benedikt XVI.,Ansprache an die Römische Kurie, 22. 12. 2005).

Dies alles ist, so schloss der Ratzinger Papst, ein Aspekt der Beziehung zwischen Glaube und Verstand, einer Beziehung, die sich in immer neuen Formen zeigt unter neuen Umständen, in neuen Zeiten oder in neuen kulturellen Umfeldern.


… auch in der Familiensynode

Nun haben sich schon seit einiger Zeit, anlässlich der Synode über die Familie, Stimmen erhoben, die – nicht ohne Fundament – befürchten, dass einige  - unter dem Hinweis auf die verschiedenen Ausdrucksformen - wesentliche Aspekte des Glaubensgutes verändern wollen. Es ist offensichtlich, dass die, die diese Änderungen befürworten, die Treue der Kirche zu ihrer Überlieferung  nicht schätzen. Aber der Glaube sagt uns, dass das kirchliche Unterscheidungsvermögen in der Sendung der Kirche stellt es die Klugheit dar – dem Lehramt der Kirche hilft, diese Aufgabe der dynamischen Treue zu bewältigen: der dynamischen Treue zu einem Gut, das fähig ist, den Glauben, die Liturgie und das christliche Leben in den verschiedenen Umständen, die im Laufe der Geschichte auftreten, zu beleben und zu kräftigen.
Auf alle Fälle – so Papst Franziskus – ist die Synode nicht ein Parlament für Debatten, sondern ein Raum für das Wirken des Heiligen Geistes. Und dies kann sie sein, vorausgesetzt die Teilnehmer haben drei Tugendhaltungen.

Mut, Demut und Gebet


An erster Stelle „der apostolische Mut, der weder erschrickt vor den Verführungen der Welt, die das Licht der Wahrheit in den Herzen der Menschen zum Erlöschen bringen und durch kleine und weltliche Lichter ersetzen wollen, noch vor der Verhärtung einiger Herzen, die trotz guter Absichten die Menschen von Gott entfernen“. Das heißt um „ den apostolischen Mut bitten, Leben zu bringen, statt unser christliches Leben zu einem mit Erinnerungen angefüllten Museum werden zu lassen“. (Tagesmeditation in Sankt Marta, 28. 4. 2015).

Dieser letzte Satz verweist auf eine Ansprache, in der der Papst zur Öffnung vor der erneuernden Kraft des Heiligen Geistes aufforderte und sich dabei zu stützen auf das Gebet, auf die Demut und auf die Unterscheidungsgabe der Kirche. Damals fragte er sich: „Aber warum soll man so viele Skrupel haben? Machen wir die Dinge so, wie wir sie von jeher gemacht haben, das ist sicherer…“ Worauf er antwortete: „die Dinge so machen, wie wir sie von jeher gemacht haben, ist  eine Alternative des Todes! Wir müssen das Risiko eingehen, getragen von Gebet und von Demut,  das zu akzeptieren, was der Geist uns gemäß der Zeit, in der wir leben, an Veränderungen abverlangt: das ist der Weg!“

An zweiter Stelle hebt er dann die Demut hervor: „Die evangeliumsgemäße Demut, die die eigenen Überzeugungen und Vorurteile zurückzunehmen weiß, um die Brüder im bischöflichen Dienst anzuhören, und die sich von Gott erfüllen lässt. Demut, die uns dazu führt, nicht mit dem Finger auf andere zu zeigen, um sie zu verurteilen, sondern ihnen die Hand zu reichen, um sie aufzurichten, ohne sich je überlegen zu fühlen“.

An dritter und letzter Stelle „das vertrauensvolle Gebet, (das) das Tun des Herzens (ist), wenn es sich Gott öffnet, wenn wir unsere Stimmungen zum Schweigen bringen, um die sanfte Stimme Gottes zu hören, der in der Stille spricht. Ohne das Hören auf Gott werden all unsere Worte nur »Worte« sein, die nicht sättigen und nichts nützen. Wenn wir uns nicht in all unseren Entscheidungen vom Heiligen Geist leiten lassen, dann werden sie nur »Beiwerk« sein, das das Evangelium bedeckt und versteckt, anstatt es hervorzuheben“.

Es zeigt sich also deutlich, dass Papst Franziskus die Familiensynode im Geist des II. Vatikanischen Konzils sieht. In der Ehe und in der Familie müssen die Verpflichtungen, die ihre Grundlage bilden, - Einheit, Unauflöslichkeit und Treue der Eheleute, Öffnung für das Leben und der Auftrag, von innen her und nach außen hin „Familie zu sein“, - gefördert, erleichtert, erhalten und geheilt werden. Sie sind nicht da, um einfach betrachtet und bewahrt zu werden. Was in der Synode auf dem Spiel steht, ist: wie kann man helfen, damit diese festen Säulen der Familie weiterhin Leben sind und Quelle des Lebens, eine erneuerte Realität des Lichtes und der Schönheit in unserer Welt.

Dazu bittet der Papst um Mut, Demut und Gebet, die in ihrem Zusammenwirken grundlegende Haltungen der Christen sein müssen. Und es wäre gut, dass wir uns prüfen, wie wir sie von Tag zu Tag ausüben/verwirklichen.

                                                                     Publiziert am Mittwoch, dem 8. Oktober 2015

                                                                                        übersetz von I. R. 


                                                                                       (siehe in Spanisch)


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