Dienstag, 11. April 2017

Unterwegs zur Synode über die Jugend

Das Vorbereitungsdokument der Synode 2018 über „Die Jugendlichen, den Glauben und die Berufungsentscheidung“ richtet sich in erster Linie an die Bischöfe und andere kirchliche Obrigkeiten Der Papst wollte es auch den Jugendlichen als „Kompass“ für den Weg zur Synode anvertrauen (vgl. Brief an die Jugendlichen, 13. 1. 2017).

In der Einleitung stellt es sich die Aufgabe, „die Jugendlichen zu begleiten“, damit sie “die Berufung zur Liebe und zum Leben in Fülle“ erkennen und annehmen; sie werden auch gebeten „mitzuhelfen, die Art und Weise zu erkennen, die für die Verkündigung der Frohe Botschaft heute am wirksamsten ist“. Um die Erfahrung der Berufung zu erfassen und zu beschreiben, wird vorgeschlagen, besonders die Gestalt des Apostels Johannes zu betrachten.

Interessant ist am Beginn der Aufruf an die Jugendlichen zu „einem Leben in Fülle“, im Gegensatz zu den Schablonen, nach denen man sie oft uniformieren will. Man will sie in sanfte Lämmer verwandeln, die den Schlangenbeschwörern folgen, die sie nur ausnützen wollen im Dienst eines „Systems“, das ihnen gerade nicht hilft, dieses Leben in der Fülle der Schönheit und der Freude zu erlangen, von dem sie träumen, ohne zu vergessen, dass das Anstrengung kostet.

Gemäß einer theologisch-pastoralen Methodologie wirft das Dokument zuerst einen Blick auf die soziokulturelle Realität der Jugendlichen in der Welt von heute. Ausgehend davon behandelt es die zentralen Fragen: Glaube, Unterscheidung, Berufung. An dritter Stelle plant es, die Orientierung der pastoralen Aktion besonders auf die Förderung von Berufungen unter den Jugendlichen auszurichten.


Eine Welt in schneller Veränderung

Die Welt, in der die Jugendlichen von heute zu Hause sind – eine Pluralität von Kulturen mit diversen Unterschieden –, ist eine Welt, die sich rasch verändert. Ihre Kennzeichen sind Flüchtigkeit und Ungewissheit (wegen der Verletzlichkeit und der Unsicherheit breiter Schichten der Bevölkerung). Wir leben in einer wissenschaftsgläubigen Kultur, beherrscht von einem technokratischen Paradigma und der Suche nach raschem Erfolg, was zur Wegwerfkultur führt; in einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft, die Möglichkeiten und Risiken schafft: Möglichkeiten des Gesprächs und der gegenseitigen Bereicherung und Risiken der Orientierungslosigkeit und des Relativismus.

„Den Augen des Glaubens“, so stellt das Dokument fest, „erscheint dies wie ein Zeichen unserer Zeit, das ein Wachsen in der Kultur des Zuhörens, des Respekts und des Dialogs“ erfordert. Und das stimmt, um nicht in eines der Extreme zu fallen: auf der einen Seite ist da der schon genannte Relativismus, auf der anderen Seite der Fundamentalismus, der sich verschiedenen Formen des Fideismus und des Integrismus anschließen kann.

Im Folgenden werden wir uns nur auf den ersten Teil des Dokuments konzentrieren, nämlich darauf, wie man die neuen Generationen charakterisieren und wie man ihnen helfen kann.


Profile der Jugendlichen

In der vorherrschenden Globalisierung zeigt sich einerseits die Tendenz, die Jugendlichen immer homogener zu machen, während in ihnen doch auch institutionelle und vor allem kulturelle Besonderheiten (das heißt eigene Merkmale jeder Person, Familie oder Gruppe) bestehen bleiben. Diese Besonderheiten gehen in der „zweiten Generationen“ von Migranten oder Kindern von Paaren, die in irgendeiner Weise „gemischt“ sind (im Hinblick auf die Ethnie, die Kultur und/oder die Religion) verloren.

Man könnte, im Gegenteil, denken, dass die Jugendlichen Nutzen ziehen aus der Bewahrung der Besonderheiten, die wir vielleicht in den Großeltern sehen, in denen, die im Herkunftsland oder in der Heimat geblieben sind, in denen, die die Geschichte unserer Kultur bewahren. In diesem Sinn fällt auf, dass so viel Wert gelegt wird, zum Beispiel, auf die „Bezeichnung des Ursprunglandes“ für das, was wir mit dem Gaumen als etwas Gutes erachten.

Wie soll der Baum wachsen, wenn ihm seine Wurzeln abgeschnitten werden? Wenn die Jugendlichen die Familienbesonderheiten und die Besonderheiten ihrer lokalen Kulturen verlieren, setzen sie sich der Gefahr aus, diese Erinnerung an ihre eigene Identität zu verlieren, die so notwendig ist für die Entscheidung, welchen Weg sie auf persönlicher und sozialer Ebene einschlagen sollen. Das ist besonders gravierend, wenn man die besonders harten Umstände bedenkt, in denen viele Kinder und Jugendliche leben, wie die Analyse zeigt.

Unter den Merkmalen der Jugendlichen von heute verweist der Text auf eine unterschiedliche Bereitschaft zur Teilnahme und zum Einsatz. Da zeigen sich zwei Extreme: einerseits die Passiven und Entmutigten (häufig übertrieben besorgt um das eigene Bild, und vielleicht nachgiebige Konformisten), und anderseits die Unternehmungslustigen und die Vitalen, je nach den Erfahrungen und Möglichkeiten, die jeder einzelne gehabt hat. Besonders wichtig sind dabei die Bezugspersonen und der Erziehungsstil der eigenen Familie.

Ihrer Tendenz nach vorsichtig, heißt es über die heutigen Jugendlichen, sind sie besonders misstrauisch den Institutionen gegenüber. Das stimmt, und daran ist nichts sonderbar, wenn man bedenkt, dass sie Söhne oder Enkel einer Kultur des Verdachts und gleichzeitig Opfer einer Gesellschaft in einer Wertekrise sind. Bei diesem Panorama ist es auch nicht sonderbar, dass sie ohne Religion leben oder alternative religiöse Erfahrungen suchen und dabei versuchen, sie zusammenzuführen mit den Konsumangeboten und individualistischen Angeboten der vorherrschenden Kultur.

Gleichzeitig üben auf den Begriff der Welt, der Wirklichkeit und der mitmenschlichen Beziehungen die modernen Technologien ihren Einfluss im guten und im schlechten Sinn aus.


Wie kann man ihnen helfen? Riskieren, reagieren

Wie hilft man den Jugendlichen, ihre vitalen Lebenswege zu bahnen in dieser ziemlich verwickelten Situation? Der Text schlägt vor: entsprechende kulturelle, soziale und geistliche Instrumente sind notwendig, die „unerlässlich werden, damit die Mechanismen des Entscheidungsprozesses nicht blockiert werden und es nicht dazu kommt, dass man vielleicht aus Angst, einen Fehler zu machen, Veränderungen eher erleidet (diese kulturelle Veränderung) als selbst die Führung zu übernehmen“ Und es wird eine grundlegende Aufforderung von Papst Franziskus zitiert, die direkt gegen den Konformismus gerichtet ist, auch bei den Erziehern:

«„Wie können wir den Ideenreichtum und den Mut zu weitreichenden Entscheidungen wecken, jene Herzensimpulse, mit denen sich die erzieherischen und emotionalen Herausforderungen meistern lassen? Ich wiederhole ein Wort, das ich schon oft gesagt habe: Gehe Risiken ein! Riskiere es. Wer nichts riskiert, kommt nicht voran. Aber wenn ich dabei Fehler mache? Gepriesen sei der Herr! Es wäre ein noch größerer Fehler, wenn du stillstündest» (Ansprache in Villa Nazareth, 18. Juni 2016).

Wir werden mehr Möglichkeiten haben, das Richtige zu treffen, wenn sich unser Blick gleichzeitig auf die zentrale Stellung richtet, die die Person Jesu in der Verkündigung des Glaubens einnimmt, und auf die schwierige Situation, in der sich Jugendliche auf Grund der oben dargestellten Tatsachen befinden

All dies erfordert von uns „eine größere Fähigkeit, im weitesten Sinn auf die erzieherische Herausforderung zu antworten“, auf der Linie des „Bildungs- und Erziehungsnotstands“, den Benedikt XVI. aufgezeigt hat (Schreiben an die Diözese und die Stadt Rom über die dringende Aufgabe der Erziehung, 21.1.2008).

Ganz sicher. Deshalb muss man, was die Erziehung betrifft und besonders bei der Erziehung im Glauben, dringend reagieren, die Qualität der Angebote und Dienstleistungen verbessern, Netzte schaffen, um Kenntnisse und Erfahrungen auszutauschen, scharfsichtige und erfahrene Gruppen von Erziehern auf regionaler, wie nationaler und internationaler Ebene in Bewegung setzen Diskussionsforen schaffen, die Globalisierung und die verschiedenen aufgezeigten Kulturen gleichzeitig ansprechen.


Die Jugendlichen: Hauptpersonen der Veränderung

In diesem Zusammenhang, so zeigt der Text zweifellos zu Recht auf, wird es besonders dringlich, „die persönlichen Fähigkeiten zu fördern und sie in den Dienst eines soliden Projektes gemeinsamen Wachstums zu stellen“. Die zentrale Bedeutung der Person, der Dienst am Projekt ihres Wachstums offenbart sich als eine Schlüsselaufgabe.

In diese Richtung, so könnte man anfügen, sollte man besonders „Berufungen für die Erziehung“ entdecken, Impulse setzen in konkreten Projekten in den Erziehungseinrichtungen, mit besonderer Aufmerksamkeit, wir betonen das, auf den Bereich der Erziehung im Glauben.

Und etwas, das der Papst den Jugendlichen in seinem Brief anlässlich der Präsentation diese Textes gesagt hat, ist wichtig: „Die Kirche möchte auf Eure Stimme hören, auf Eure Sensibilität, auf Euren Glauben, ja auch auf Eure Zweifel und Eure Kritik“.

Das steht auch vom Anfang an in diesem Dokument, wie wir gesehen haben: man muss auf die Jugendlichen hören und ihnen die Gelegenheit geben, dass sie selbst diesen Fragen, die sie betreffen, die Richtung weisen; denn oft haben sie eine große Fähigkeit, Alternativen vorzuschlagen, die aufzeigen, wie die Welt oder die Kirche sein könnten, und sie in die Praxis umzusetzen.


(publiziert in www.religionconfidencial.com, 24.01.2017 von Ramiro Pellitero, übersetz von I.R)






Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen